Der Transrapid ist eine ernstzunehmende Lösung für den Hochgeschwindigkeits-Fernverkehr. Er wurde dafür entwickelt, das Schienennetz zu entlasten und den Flugverkehr zu reduzieren. Dieser Beitrag liefert 12 wichtige Fakten, die man über den Transrapid wissen sollte.
Inhalt
1. Energiebedarf bis zu 40% geringer, als beim ICE
2. Ungeeignet für den Nahverkehr
3. Baukosten nicht höher
4. Der Transrapid ist wirtschaftlich
5. Daran ist der Transrapid gescheitert
6. Technisch realisierbar
7. Technologie wurde nicht nach China verkauft
8. Der Transrapid ist klimafreundlich
9. Zusätzliche Infrastruktur als Chance sehen
10. Deutschland ist nicht zu dicht besiedelt
11. Eisenbahnen sind langsamer
12. Der Unfall hat den Transrapid nicht beendet
1. Energiebedarf bis zu 40% geringer, als beim ICE
Durch das elektromagnetische Schwebesystem entfällt der Rollwiderstand.
Dadurch, dass die Antriebsleistung im Fahrweg verbaut ist, ist das Transrapid-Fahrzeug nur halb so leicht, wie ein Schnellzug bei vergleichbarer Kapazität. Während beim ICE 3 0,986 Tonnen pro Sitzplatz anfallen, sind es beim Transrapid nur 0,499 t.
Dementsprechend verbraucht der Transrapid deutlich weniger Energie, als ein ICE:
Energiebedarf in Wh je Sitzplatz / Kilometer | Transrapid | ICE |
---|---|---|
200 km/h | 17,9 Wh (20% Ersparnis) | 22,3 Wh |
300 km/h | 28,1 Wh (37% Ersparnis) | 44,4 Wh |
350 km/h | 35,2 Wh (40% Ersparnis) | 58,4 Wh |
400 km/h | 43,5 Wh | – |
Die Werte wurden von der TU Dresden ermittelt. Siehe: Schach, Jehle, Naumann: Transrapid und Rad-Schiene-Hochgeschwindigkeitsbahn, Ein gesamtheitlicher Systemvergleich. Springer Verlag / TU Dresden.
Deutlich wird, dass der Transrapid bei 350 km/h 40% weniger Energie braucht, als ein ICE bei vergleichbarer Kapazität.
2. Ungeeignet für den Nahverkehr
Aus verschiedenen Gründen ist der Transrapid ungeeignet für den Einsatz im Kurzstrecken-Nahverkehr. Der Transrapid ist unter keinen Umständen als Ersatz für S- oder U-Bahnen anzusehen. Der Transrapid ist für Fernverkehrsstrecken ausgelegt, auf denen er bis zu 550 km/h erreichen soll. Ein Linienflugzeug wird schließlich auch nicht als S-Bahn Alternative eingesetzt – da sind die Gründe jedoch selbsterklärend.
3. Baukosten nicht höher
Die Investitionskosten für den Transrapid-Fahrweg sind nicht höher, als Hochgeschwindigkeits-Schieneninfrastruktur.
Ein großer Vorteil am Transrapid ist die geringere Versiegelung von Flächen. Durch die Aufständerung entfallen Bahnübergänge, die landwirtschaftliche Nutzung der Flächen bleibt weiterhin möglich und der Wildwechsel wird nicht beeinträchtigt. Dadurch ist der Transrapid deutlich flexibler trassierbar, als Schieneninfrastruktur. Zusätzlich kann er deutlich höhere Steigungen bewältigen (10% vs. 3-4% beim ICE), wodurch weniger (sehr teure) Tunnelbauten erforderlich werden. Der Transrapid kann auch ebenerdig realisiert werden, was später in diesem Beitrag weiter erläutert wird.
Dem ist hinzuzufügen, dass die Transrapid-Infrastruktur doppelt so hohe Geschwindigkeiten realisiert und 80 Jahre haltbar ist, ein Vielfaches, verglichen mit ICE-Infrastruktur.
4. Der Transrapid ist wirtschaftlich
Nach dem Motto „Weil die Shanghai Strecke unwirtschaftlich ist, ist der Transrapid generell unwirtschaftlich“ wird oft gegen den Transrapid diskutiert. Dabei wird leider völlig außer Betracht gelassen, was die Strecke in Shanghai verkehrspolitisch überhaupt bedeutet.
Die Transrapid-Strecke in Shanghai wurde als Demonstrationsstrecke gebaut. Es war nie die Absicht, diese Strecke wirtschaftlich zu betreiben. Das leuchtet eigentlich auch ein: Hier fährt ein 550 km/h Fernverkehrs-Schnellzug auf einer nur 29,9 km kurzen Strecke von einem Flughafen in einen Vorort, in welchen die Passagiere eigentlich nicht wollen, da sie in die Innenstadt müssen. Um in die Innenstadt zu gelangen, ist ein Umstieg in ein Taxi- oder U-Bahn (Metro) notwendig. Das macht den Transrapid in Shanghai unattraktiv. Daher steigen die meisten Leute direkt in die Metro.
Die geringe Auslastung stört die Chinesen jedoch nicht. Mit dem Transrapid in Shanghai wird bewiesen, wozu die Technologie fähig ist. Keine andere Eisenbahn erreicht im täglichen Regelbetrieb 431 km/h auf einer so kurzen Strecke. Die einzigen, die sich über die Shanghai-Strecke beschweren, sind Leute, die Gründe gegen ihn suchen. Das ist, wie als würde man einem Flugzeug die Schuld geben, wenn es auf niedrig frequentierten Kurzstrecken eingesetzt wird und dort unwirtschaftlich läuft.
Die Transrapid-Technologie ist in dem Fall nicht dafür zu verantworten, dass sie im falschen Sektor eingesetzt wird. Der Transrapid kann seine Vorteile nur entfalten, wenn er im Fernverkehr eingesetzt wird.
Zur Wirtschaftlichkeit lässt sich sagen, dass der Wartungsaufwand bis zu 70% geringer ist, der Energiebedarf bis zu 40% geringer ist, die Investitionskosten (Siehe Punkt 3) nicht zwanghaft höher sind und das System dabei deutlich länger haltbar ist (80 Jahre), als ICE-Infrastruktur.
Instandhaltungskosten in Ct / Sitzplatz-km | Transrapid | ICE |
---|---|---|
Fahrweg | 0,19 | 0,48 |
Fahrzeug | 0,37 | 1,29 |
Gesamt | 0,56 | 1,77 |
Die Werte wurden von der TU Dresden ermittelt. Siehe: Schach, Jehle, Naumann: Transrapid und Rad-Schiene-Hochgeschwindigkeitsbahn, Ein gesamtheitlicher Systemvergleich. Springer Verlag / TU Dresden.
5. Daran ist der Transrapid gescheitert
Am Transrapid gescheitert ist nicht die Technologie, sondern die Realisierung der Streckenprojekte. Gescheitert sind sie insbesondere an politischen Gründen. Zwei Beispiele kann ich nennen:
Die Strecke Hamburg – Berlin ist gescheitert, nachdem DB-Chef Mehdorn kein Interesse mehr am Transrapid hatte. Er begründet das mit einer zu geringen Zeitersparnis, weshalb er den Transrapid nicht mehr nötig fand. Die Strecke wurde so geplant, dass der doppelt so schnelle Transrapid (500+ km/h) nur ein sechstel Zeit gespart hätte (20-30 min). Hier wurde das Potenzial der Technologie missachtet. Gleichzeitig bereitete sich die DB auf ihren Börsengang vor. Dazu gerne eine eigene Meinung bilden.
Die Strecke in München wurde abgesagt, nachdem die Kosten „explodierten“, weil der Streckenverlauf so geändert wurde, dass auf einmal mehr Tunnelbauten erforderlich waren. Die Systemindustrie hielt an ihren Zahlen fest, das Bauunternehmen jedoch nicht. Initiiert wurden die veränderten Streckenverläufe mit höheren Tunnelanteilen durch die Politik.
6. Technisch realisierbar
Der Transrapid erhielt 1991 seine technische Einsatzreife. Das Fahrzeug verfügt über redundant gesicherte Bordnetze, die einen Ausfall extrem unwahrscheinlich machen. Nach mehr als 25 Mio. Kilometern Betrieb des Transrapid in Shanghai kam es nie zu einem technisch bedingten Ausfall. Auch die fahrwegseitig verbauten Komponenten sind redundant ausgelegt, die Strecken sind i.d.R. doppelgespeist. Fällt ein Unterwerk aus, fährt das Fahrzeug mit verringerter Leistung weiter. Die Unterwerke werden ungefähr alle 50 km verbaut.
7. Technologie wurde nicht nach China verkauft
„Die Patente wurden nach China verkauft, wir müssten sie teuer zurückkaufen“ – Nein.
Die Kerntechnologie ist immer in Deutschland geblieben. Nach China verkauft wurden lediglich Lizenzen für einzelne Fahrweg- und Fahrzeugkomponenten, auf wessen Basis CRRC ein neues 600 km/h Fahrzeug entwickelt. Die Shanghai Transrapid-Strecke ist aus deutscher Hand: Die Fahrzeuge sind aus Kassel, die Antriebsinfrastruktur und Betriebsleittechnik von Siemens.
8. Der Transrapid ist klimafreundlich
Flächenbedarf in Quadratmeter pro Meter Strecke | Transrapid | ICE |
---|---|---|
aufgeständert | 2 | – |
ebenerdig | 12 | 14 |
min. Kurvenradius | Transrapid | ICE |
---|---|---|
300 km/h | 1.973 m | 3.176 m |
Vorbeifahrpegel in 25 Meter Abstand dB(A) | Transrapid | ICE | TGV |
---|---|---|---|
300 km/h | 80 | 90 | 92 |
400 km/h | 88,5 | – | – |
9. Zusätzliche Infrastruktur als Chance sehen
Oft wird kritisiert, dass man für den Transrapid eine zusätzliche Infrastruktur errichten muss.
Abgesehen davon, dass alle anderen Verkehrsinfrastrukturen auch eines Tages zusätzlich gebaut wurden, ist es als vorteilhaft zu beurteilen, dass der Transrapid komplett unabhängig von der überlasteten Infrastruktur der Bahn ist. Ein unabhängiges Transrapid-Netz gewährleistet eine höhere Verfügbarkeit und trägt dazu bei, andere Infrastrukturen zu entlasten. So werden auf der Schiene mehr Ressourcen für den Güter- oder Nahverkehr frei. Der Transrapid ist als ideale Ergänzung zu den bestehenden Verkehrsträgern vorgesehen, nicht als Ersatz.
Japans Shinkansen ist ein gutes Beispiel für dieses Prinzip. Da das Shinkansen-Netz vollkommen unabhängig vom bestehenden Eisenbahnnetz errichtet wurde, ist es für seine weltbeste Pünktlichkeit bekannt.
10. Deutschland ist nicht zu dicht besiedelt
Beschleunigung | Transrapid | ICE |
---|---|---|
0 – 300 km/h | 98 s (4,3 km) | 324 s (17,9 km) |
0 – 400 km/h | 156 s (9,9 km) | – |
0 – 500 km/h | 266 s (23,3 km) | – |
Bremsweg | Transrapid | ICE |
---|---|---|
300 – 0 km/h | 87 s (3,6 km) | 168 s (6,9 km) |
400 – 0 km/h | 117 s (6,725 km) | – |
500 – 0 km/h | 147 s (10,475 km) | – |
min. Kurvenradius | Transrapid | ICE |
---|---|---|
300 km/h | 1.973 m | 3.176 m |
11. Eisenbahnen sind langsamer
Moderne Schnellzüge fahren 265 bis 330 km/h. Der Transrapid fährt bis zu 550 km/h.
Angeblich können Schnellzüge auch bis zu 400 km/h oder mehr fahren. Können sie das? Nein: Verschleiß & Energiebedarf wären viel zu hoch. Der TGV knackte zwar 574 km/h unter unrealistischen Bedingungen, davon profitierte der Fahrgast jedoch nie, da der TGV im Regelbetrieb mit nur bis zu 320 km/h unterwegs ist.
12. Der Unfall hat den Transrapid nicht beendet
Die meisten Streckenprojekte wurden bereits vor dem Unfall (2006) beendet. Der Unfall ist durch menschliches Versagen ausgelöst worden, auch nach dem Unfall gab es seitens Politik keine Zweifel an der Sicherheit des Transrapid. Die Versuchsanlage wurde auch 5 Jahre nach dem Unfall mit einer neuen Fahrzeuggeneration (TR09) betrieben. Auch Streckenprojekte (München, Teneriffa, Brasilien) wurden nicht aufgegeben.
Ich hoffe, dass die Auflistung dieser 12 Fakten etwas mehr Klarheit über den Transrapid gebracht hat.
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