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Was China gerade macht, hatte Deutschland schon vor 50 Jahren

Ein chinesischer Versuchsträger beschleunigt auf 650 km/h. In nur sieben Sekunden. Auf gerade einmal einem Kilometer Strecke. Was China derzeit im Bereich der Magnetschwebetechnologie leistet, ist ein kraftvolles Bekenntnis zur Zukunft der Mobilität. Doch wer sich mit dieser Technik wirklich befasst, merkt: Die Grundlagen, auf denen der chinesische Fortschritt heute ruht, stammen aus Deutschland. Und sie sind nicht jung – sie sind mehr als ein Jahrhundert alt.

Brauchte von 0 - 400 km/h weniger als 10 Sekunden: MBB KOMET aus 1977, getestet in Manching, heute eingelagert im Emsland.

Die Geschichte beginnt im Jahr 1922, als Hermann Kemper als Student in Nortrup die Vision entwickelte, Züge nicht mehr rollen, sondern schweben zu lassen – aus Gründen des Lärms, der Effizienz, der Zukunft. 1932 meldete er das entscheidende Patent an, 1938 erweiterte er es um die laterale Führung. Schon damals träumte er von 1.000 km/h in luftleeren Röhren. Das, was heute als Hyperloop in aller Munde ist, war in Deutschland bereits formuliert, durchdacht – und technisch vorbereitet.

Doch der Krieg, die Zeitläufte, das Misstrauen gegenüber allem Visionären warfen die Idee zurück. Es dauerte bis in die 1960er Jahre, ehe Ludwig Bölkow auf Kemper traf und dessen Idee wieder zum Leben erweckte. Ab 1969 begann mit der HSB-Studie eine Phase intensiver Entwicklung. In Ottobrunn, München-Allach, Kassel, Erlangen – in ganz Deutschland arbeiteten Ingenieure daran, eine neue Verkehrsform zu erschaffen.

Und dann kam Manching. 1974. Der Ort, an dem die Magnetbahntechnik an die Grenzen des Machbaren geführt wurde. Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) errichtete auf einem Militärflugplatz eine 1,3 km lange Versuchsstrecke. Ziel war nicht die Show, sondern der Erkenntnisgewinn: Wie verhält sich elektromagnetisches Schweben bei extremen Geschwindigkeiten? Der Versuchsträger KOMET wurde per Raketenschlitten auf über 400 km/h beschleunigt – 401,3 km/h, um genau zu sein. Ein Weltrekord im Kontext elektromagnetischer Schwebetechnik. Und das 50 Jahre vor dem heutigen chinesischen Versuch.

Dabei blieb es nicht: Als das System an seine Grenzen stieß – etwa durch Vibrationen bei starr montierten Magneten – reagierte man klug und entschlossen. Mit dem Umbau zum KOMET M wurde erstmals ein vollfedertes, einzeln regelbares Magnetfahrwerk mit Redundanz eingeführt. Es war der direkte Vorläufer dessen, was später im Transrapid zur Serienreife führte.

Der Weg war nicht gradlinig, aber er war stets pionierhaft. In München-Allach wurde der Transrapid 04 auf über 250 km/h gebracht. In Hamburg fuhr der TR05 öffentlich. Und im Emsland erreichte der TR07 schließlich 1993 die legendären 450 km/h – mit Fahrgästen an Bord, unter realen Bedingungen, sicher, leise, emissionsfrei. Mehr war technisch möglich – doch die Strecke war zu kurz. Nicht die Technik war am Limit, sondern der politische Wille. In Shanghai erreichte der in Kassel gebaute Transrapid 501,5 km/h in 2003.

China hat dieses Know-how aufgenommen, integriert, weiterentwickelt. Es zeigt heute, was möglich ist, wenn eine Nation entschlossen ist, technologischen Vorsprung zum strategischen Ziel zu machen. Das verdient Anerkennung – aber es darf nicht dazu führen, dass wir unsere eigenen Leistungen vergessen.

Deutschland war das Ursprungsland der Magnetschwebebahn. Wir haben nicht kopiert – wir haben erfunden. Wir haben geforscht, getestet, zur Reife gebracht. Der Transrapid ist nicht ein Produkt unter vielen, er ist das Ergebnis einer hundertjährigen Idee, die von Kemper bis zum TR09 reifte. Heute steht er still. In Nortrup. Symbolhaft – und zugleich politisch beschämend.

 

TR09: Sollte eigentlich in München fahren, wurde vom Bund 2016 an den Urenkel Kempers versteigert.

Was wir brauchen, ist kein Blick zurück in Nostalgie, sondern ein Blick nach vorn mit Mut. Die Technik ist da. Die Kompetenz ist da. Die Erfahrung ist da. Was fehlt, ist der politische und gesellschaftliche Wille, wieder dorthin zu gehen, wo wir einst waren: an die Spitze.

Wir waren der Ursprung. Jetzt ist es Zeit für die Rückkehr.

Autor

David Harder

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Was China gerade macht, hatte Deutschland schon vor 50 Jahren

Ein chinesischer Versuchsträger beschleunigt auf 650 km/h. In nur sieben Sekunden. Auf gerade einmal einem Kilometer Strecke. Was China derzeit im Bereich der Magnetschwebetechnologie leistet, ist ein kraftvolles Bekenntnis zur Zukunft der Mobilität. Doch wer sich mit dieser Technik wirklich befasst, merkt: Die Grundlagen, auf denen der chinesische Fortschritt heute ruht, stammen aus Deutschland. Und sie sind nicht jung – sie sind mehr als ein Jahrhundert alt.

Brauchte von 0 - 400 km/h weniger als 10 Sekunden: MBB KOMET aus 1977, getestet in Manching, heute eingelagert im Emsland.

Die Geschichte beginnt im Jahr 1922, als Hermann Kemper als Student in Nortrup die Vision entwickelte, Züge nicht mehr rollen, sondern schweben zu lassen – aus Gründen des Lärms, der Effizienz, der Zukunft. 1932 meldete er das entscheidende Patent an, 1938 erweiterte er es um die laterale Führung. Schon damals träumte er von 1.000 km/h in luftleeren Röhren. Das, was heute als Hyperloop in aller Munde ist, war in Deutschland bereits formuliert, durchdacht – und technisch vorbereitet.

Doch der Krieg, die Zeitläufte, das Misstrauen gegenüber allem Visionären warfen die Idee zurück. Es dauerte bis in die 1960er Jahre, ehe Ludwig Bölkow auf Kemper traf und dessen Idee wieder zum Leben erweckte. Ab 1969 begann mit der HSB-Studie eine Phase intensiver Entwicklung. In Ottobrunn, München-Allach, Kassel, Erlangen – in ganz Deutschland arbeiteten Ingenieure daran, eine neue Verkehrsform zu erschaffen.

Und dann kam Manching. 1974. Der Ort, an dem die Magnetbahntechnik an die Grenzen des Machbaren geführt wurde. Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) errichtete auf einem Militärflugplatz eine 1,3 km lange Versuchsstrecke. Ziel war nicht die Show, sondern der Erkenntnisgewinn: Wie verhält sich elektromagnetisches Schweben bei extremen Geschwindigkeiten? Der Versuchsträger KOMET wurde per Raketenschlitten auf über 400 km/h beschleunigt – 401,3 km/h, um genau zu sein. Ein Weltrekord im Kontext elektromagnetischer Schwebetechnik. Und das 50 Jahre vor dem heutigen chinesischen Versuch.

Dabei blieb es nicht: Als das System an seine Grenzen stieß – etwa durch Vibrationen bei starr montierten Magneten – reagierte man klug und entschlossen. Mit dem Umbau zum KOMET M wurde erstmals ein vollfedertes, einzeln regelbares Magnetfahrwerk mit Redundanz eingeführt. Es war der direkte Vorläufer dessen, was später im Transrapid zur Serienreife führte.

Der Weg war nicht gradlinig, aber er war stets pionierhaft. In München-Allach wurde der Transrapid 04 auf über 250 km/h gebracht. In Hamburg fuhr der TR05 öffentlich. Und im Emsland erreichte der TR07 schließlich 1993 die legendären 450 km/h – mit Fahrgästen an Bord, unter realen Bedingungen, sicher, leise, emissionsfrei. Mehr war technisch möglich – doch die Strecke war zu kurz. Nicht die Technik war am Limit, sondern der politische Wille. In Shanghai erreichte der in Kassel gebaute Transrapid 501,5 km/h in 2003.

China hat dieses Know-how aufgenommen, integriert, weiterentwickelt. Es zeigt heute, was möglich ist, wenn eine Nation entschlossen ist, technologischen Vorsprung zum strategischen Ziel zu machen. Das verdient Anerkennung – aber es darf nicht dazu führen, dass wir unsere eigenen Leistungen vergessen.

Deutschland war das Ursprungsland der Magnetschwebebahn. Wir haben nicht kopiert – wir haben erfunden. Wir haben geforscht, getestet, zur Reife gebracht. Der Transrapid ist nicht ein Produkt unter vielen, er ist das Ergebnis einer hundertjährigen Idee, die von Kemper bis zum TR09 reifte. Heute steht er still. In Nortrup. Symbolhaft – und zugleich politisch beschämend.

 

TR09: Sollte eigentlich in München fahren, wurde vom Bund 2016 an den Urenkel Kempers versteigert.

Was wir brauchen, ist kein Blick zurück in Nostalgie, sondern ein Blick nach vorn mit Mut. Die Technik ist da. Die Kompetenz ist da. Die Erfahrung ist da. Was fehlt, ist der politische und gesellschaftliche Wille, wieder dorthin zu gehen, wo wir einst waren: an die Spitze.

Wir waren der Ursprung. Jetzt ist es Zeit für die Rückkehr.

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